Erfahrungen aus der Praxis

Berge on top Benedikt


Wie können wir den zu uns gekommenen Geflüchteten und Asylsuchenden kultursensibel und wertschätzend begegnen?

Wie können wir sie dabei unterstützen, ihre Erlebnisse zu verarbeiten,  Herausforderungen eines langwierigen Asylverfahrens zu meistern, Vertrauen aufzubauen und die psychischen Belastungen der aktuellen Situation bei uns zu bewältigen?

 

Begegnung mit vulnerablen und schutzbedürftigen Menschen in prekären Lebenslagen

 

"You have been supporting me when I experience
hard time for me, with patience, care and concern.
Thank you again for giving me hope when I am hopeless", Ibrahim B.

 

HERAUSFORDERUNGEN 

 

  • Psychische Gesundheit von Geflüchteten: "Die Helfer werden oft alleingelassen" - ein Interview, Süddeutsche Zeitung .

  • Übergänge und Zwischenräume bewältigen, Vertrauen und Zuversicht gewinnen.
  • Beratung und kultursensible Unterstützung. 

  • BLICKPUNKTE - mit  interkultureller Brille.

  • Praxisverständnis, Haltung und Ethik  "Case Management und Klinische Sozialarbeit " - ein Beitrag aus der Fachhochschule für Soziale Arbeit und Gesundheit.  

  • Schätze heben.

  • Perspektiven systemischer Beratung und Therapie.

  • Pädagogisch - therapeutische Krisenunterstützung.

  • Update aus der Sozialforschung : "Langzeitfolgen psychosozialer Belastungen in der Kindheit"

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Psychische Gesundheit von Geflüchteten: "Die Helfer werden oft alleingelassen"

30. Oktober 2023, Süddeutsche Zeitung

Lesezeit: 4 min

"Wenn die Politik sagt, die Ehrenamtlichen seien eine wichtige Säule unseres Sozialstaats, dann wäre es hilfreich, mehr für kreative Angebote in der Fortbildung für ehrenamtlich Engagierte zu werben. Denn wenn es zu wenig wertschätzende und professionelle Unterstützung gibt, ist klar, dass die Freiwilligen irgendwann nicht mehr können und demotiviert aufgeben. Dabei ergänzen gerade die Ehrenamtlichen die Defizite in unserem Gesundheits- und Sozialsystem und sparen dem Staat so viel Stress und Geld" -  im Gespräch mit Thomas Sulzer, SoulSupport e.V.

Zum Artikel hier der link

https://www.sueddeutsche.de/muenchen/starnberg/starnberg-gefluechtete-kinder-jugendliche-thomas-sulzer-psychologe-1.6296236

 

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Übergänge und Zwischen-Räume bewältigen 

In ihren Herkunftsländern und auf ihren Fluchtwegen sind Flüchtlinge traumatischen Erfahrungen von Ohnmacht, Demütigung und Hilflosigkeit ausgesetzt, schmerzhafte Erlebnisse, die zu tiefer seelischer Verunsicherung und Verletzung führen. Wir begegnen Flüchtlingen, die unter unspezifischen Ängsten und starken depressiven Verstimmungen leiden, oft begleitet von chronischen Schlafstörungen, massiven Kopfschmerzen und anderen psychosomatischen Symptomen.

Boot Reling IMG 3237Illustration Laya Domènech , IN DER SCHLANGE DER TRÄUME, von Rita Sineiro, Knesebeck Verlag

Sie befinden sich in einer besonders belastenden Grenz- und Übergangssituation. Sie müssen sich - inbetween - zwischen den Welten neu orientieren und zurechtfinden.

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Für die meisten sind dies unbekannte Erfahrungen und Herausforderungen. Sie brauchen einen inneren Kompass und einen stabilen, sicheren Ort, um Erfahrungen von Fremdheit, Angst und Unsicherheit zu verarbeiten. Sie brauchen Geduld, Strukturen und Zeit, um wieder Verlässlichkeit, Vertrauen und Zuversicht zu gewinnen.

Wir helfen ihnen, diese kritischen Lebenserfahrungen anzunehmen und in ihre Lebensgeschichte zu integrieren. Zugehörigkeit und eine neue Identität zu finden.
Dabei lernen sie auch im Zusammenleben, in den Unterkünften, im "interkulturellen Alltagsraum", sich bewusst und aktiv mit der eigenen und der fremden Kultur auseinanderzusetzen.

 

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Beratung, kultursensible  Unterstützung 

Wir ermöglichen den vulnerablen Geflüchteten  Struktur, Orientierung, Sicherheit und Stabilität, um das Erlebte verarbeiten zu können., den Heilungsprozess zu aktivieren und die seelische Widerstandskraft zu stärken.

Dabei achten wir besonders auf eine gute transkulturelle Verständigung. Mithilfe von unseren Sprach- und Kulturmittlerinnen, falls wir dabei sprachlich an unsere eigene Grenzen kommen. 

SoulSupport  bietet und übernimmt Verantwortung für das Klinische Case Management, d.h.  eine oft aufwendige und intensive Unterstützung bei umfangreichem Hilfebedarf für Familien und Kinder, mit Begleitung zu Ärzten und Fachkliniken.

Während Klinikaufenthalten   bleiben wir aktiv im besuchenden Kontakt, auch zu Ärzten und Pflegepersonal und sind damit auch im Entlassungsmanagement eingebunden

Wir schauen gemeinsam nach hilfreichen Ressourcen, nach Entwicklungs- und Wachstumsfeldern. 

 

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BLICK- und HÖRPUNKTE

zeit für Dialog

Die interkulturelle Brille aufsetzen

Die interkulturelle Brille aufzusetzen bedeutet für uns, Dinge nicht als selbstverständlich anzusehen, sondern als anders, unbekannt und erklärungsbedürftig.

Wir achten auf eine warmherzig fragende, aktiv zuhörende, engagiert neutrale und erkundende professionelle Haltung, mit der wir Menschen und ihren Fluchtgeschichten aus aller Welt begegnen.

 

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Praxisverständnis, Haltung und Ethik:

"Case Management und Klinische Sozialarbeit"

Hier die Präsentation zum Vortrag
Prof. Sonja Hug, Fachhochschule für Soziale Arbeit, Nordwestschweiz, Institut für Soziale Arbeit und Gesundheit.

Lesezeit 8 min, lesenwert!

Der Vortrag schärft den Blick auf die interdisziplinäre Zusammenarbeit und die Kontinuität im Kontakt mit den PatientInnen, Gefahr der Ökonomisierung sozialpsychologischer Arbeit und Instrumentalisierung von Laienhilfe.

Analog auch zutreffend für die sozialpsychiatrische Arbeit mit  Geflüchteten in Umfeld von  Gemeinschaftsunterkünften.
( Anmerkung Thomas Sulzer)

 14.06.2018

Eine Einleitung von Sonja Hug

"Ich habe für diesen Beitrag wieder einmal viel über Case und Care Management gelesen und diskutiert.

"Ich beschäftige mich aber immer wieder auch mit Care und caring, nicht im Sinne des Cares, das «gemänätscht» werden muss als Versorgungsmanagements, sondern Care als Praxis und als Ethik auch in der Sozialen Arbeit.

"Care auch nicht als fürsorgliche Belagerung und übergriffige Bevormundung, sondern Care als Haltung und Ethik, wie sie zum Beispiel Elisabeth Conradi* oder Ruth Grossmass*vertreten.

"Care ist dann eine Haltung, die sich den Menschen zuwendet, ihre Autonomie stärkt und ihre Selbstbestimmungsfähigkeit wahrnimmt, aber auch ihre Verletzlichkeit und ihr Angewiesen sein auf Unterstützung" .

Prof. Sonja Hug
Fachhochschule für Soziale Arbeit, Nordwestschweiz, Institut für Soziale Arbeit und Gesundheit.

* Prof. Dr. Ruth Großmaß lehrt an der Alice Salomon Hochschule Berlin. Dr. Gudrun Perko lehrt an der FH Potsdam. ("Ethik für Soziale Berufe", Taschenbuch )
 

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Hier klicken zur ausführlichen Präsentation als PDF  >  

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Wiener Höhenweg 07

 

 

Schätze heben

Wer viel mit traumatisierten Menschen arbeitet, ist immer wieder überrascht und voller Respekt, dass und wie es geflüchteten Menschen gelungen ist, trotz des erlebten Leids und der oft lebensfeindlichen Umstände ihr Leben zu meistern und den Umständen entsprechend gut zu leben.

 

Steine am See

 

Das weist auf die großen Ressourcen hin, die wir als Menschen auch in lebensfeindlichen Umgebungen, unter den Bedingungen von Gewalt, Hunger, Vertreibung und Folter entwickeln können. Diese Kräfte aus der Vergangenheit müssen wie Schätze behutsam ins Bewusstsein gehoben werden. Auf dieser Basis können dann weitere Ressourcen in Gegenwart und Zukunft entdeckt werden. 

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Perspektiven systemischer Beratung und Therapie

sta See mit Sticks

 

Diese Erfahrung machen wir auch in unseren Beratungsgesprächen mit schutzbedürftigen Flüchtlingen. Unsere Klient:innen verfügen über viele Möglichkeiten, die sie benötigen, um ihre Situation zu verbessern. Nur gelingt es ihnen im aktuellen Moment und Kontext oft (noch) nicht, alleine den direkten Zugang zu ihren unterstützenden Ressourcen zu finden.

Ressourcen sind wie abgeschnitten und blockiert. Wie in einer Art „Problemhypnose" unter den Konflikten „begraben“. Gunter Schmidt, Ärztlicher Direktor SysTelios Klinik,  spricht von einer Problem-Trance, mit der Patient:innen sich selbst - und manchmal auch den Beratenden - Lösungswege vernebeln.

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Pädagogisch-therapeutische Krisenunterstützung

Ausgangspunkte und Kontext

In den Gemeinschaftsunterkünften sehen wir immer wieder Ängste, Einsamkeit und Depressionen bei Eltern und Kindern. Die Eltern müssen sich vermehrt um ihre Kinder kümmern, insbesondere bei Schulschließungen oder Quarantäne wegen Corona.

 

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Illustration Laya Domènech , IN DER SCHLANGE DER TRÄUME, von Rita Sineiro, Knesebeck Verlag

 

Oft sind sie dazu nicht in der Lage, aufgrund eigener Sorgen oder der Ungewissheit eines schwebenden Asylverfahrens, das sich über Jahre hinziehen kann.

Oder krankheitsbedingt, wenn die Mütter zusätzlich unter einer diagnostizierten schweren psychiatrischen Erkrankung leiden und sich oft für mehrere Wochen zur stationären Behandlung in eine Klinik begeben müssen. Die "zurückgelassenen" Väter - oft allein und meist ohne den Rückhalt eines kulturell gewohnten Familienverbandes - sind in dieser Situation mit der Rolle des alleinigen Erziehungsberechtigten gestresst und ebenfalls überfordert.

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aus der Sozialforschung 

 "Gesundheitliche Langzeitfolgen psychosozialer Belastungen in der Kindheit – ein Update"

U. T. Egle · M. Franz · P. Joraschky · A. Lampe · I. Seiffge-Krenke · M. Cierpka

Zusammenfassung

Schlüsselwörter

Kindheitsbelastungsfaktoren · Entwicklungsneurobiologie, Stressverarbeitung Gesundheitliche Langzeitfolgen · Misshandlung

Dass körperliche Misshandlung und emotionale Vernachlässigung in der Kindheit lebenslang das Risiko für psychische und funktionelle Störungen erhöhen, ist seit längerer Zeit wissenschaftlich gut belegt.

Zusätzlich wurde in den letzten Jahren eine erhöhte Vulnerabilität für das Auftreten häufiger körperlicher Erkrankungen (Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Typ-2-Diabetes, Hepatitiden, Chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD), immunologische Erkrankungen und Schmerzerkrankungen, Pharynx- und Lungenkarzinom und darüber hinaus eine eingeschränkte Lebenserwartung gesichert.

Es wird ein Überblick über die diesbezügliche Studienlage sowie die neurobiologischen und entwicklungspsychologischen Mechanismen gegeben, welche diese Langzeitfolgen vermitteln. Ergebnisse zu familiären Risikokonstellationen zeigen Ansatzpunkte für eine gezielte Prävention, deren Wirksamkeit in Modellprojekten gut belegt ist.

Nur durch deren Etablierung dürften die enormen gesundheitsbezogenen wie volkswirtschaftlichen Folgekosten (Arbeitsunfähigkeitsgage, Frühberentungen) künftig begrenzt werden können.

TEXT Bundesgesundheitsblatt 2016. Im Internet abrufbar. © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2016.

 

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